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Gustav Klimt «Bildnis Fräulein Lieser» Jahrhundertfund

Fast hundert Jahre lang lag das weibliche Porträt von Gustav Klimt mit dem Titel „Bildnis Fräulein Lieser“ in einem Dornröschenschlaf.

Seine Existenz war nur aus einer schwarz-weißen Fotografie aus dem Jahr 1925 bekannt, als das Gemälde angeblich öffentlich ausgestellt wurde. Allerdings gab das Foto kaum Anhaltspunkte für die intensive Farbigkeit des Werkes, das viele Jahrzehnte lang in einer privaten österreichischen Sammlung untergebracht war.

Nun soll es im April im Wiener Auktionshaus Im Kinsky versteigert werden. Der geschätzte Wert liegt zwischen 30 und 50 Millionen Euro.

Ist diese Schätzung realistisch? Ein weiteres Frauenporträt führt die Liste der in den letzten Jahren auf den Markt gebrachten Werke des großen Wiener Sezessionisten an: Ronald Lauder, der amerikanische Geschäftsmann und Präsident des Jüdischen Weltkongresses, soll 2006 angeblich 135 Millionen Dollar für Klimts „Goldene Adele“ gezahlt haben.

Das 1907 entstandene Porträt, auch bekannt unter dem Titel „Adele Bloch-Bauer I“, ist ein Symbol der jüngsten Restitutionsgeschichte. Es wurde von den Nazis zusammen mit dem gesamten Vermögen des Zuckerindustriellen Ferdinand Bloch-Bauer beschlagnahmt und ging dann an die Österreichische Galerie im Schloss Belvedere.

Nach einem langwierigen Rechtsstreit wurde das Porträt 2006 an eine Erbin der Familie in den USA zurückgegeben, bevor es Lauder für sein Museum, die Neue Galerie in New York, erwarb. Was jedoch mit dem nun zur Versteigerung stehenden „Bildnis Fräulein Lieser“ während der NS-Zeit geschah, ist ungewiss.

Einigung mit Erben

Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt Henriette Amalie „Lilly“ Lieser, geborene Landau, als Besitzerin. Sie war eine bekannte Mäzenin und bis 1905 die Ehefrau des Wiener Großindustriellen Justus Lieser.

Die abgebildete Person könnte eine ihrer beiden Töchter sein. Lilly Lieser wurde 1943 in einem Konzentrationslager ermordet. Das Porträt soll zu einem unbekannten Zeitpunkt in den Wiener Kunsthandel gekommen sein und wanderte in den 1960er Jahren in privaten österreichischen Besitz.

Es wird vermutet, dass es von Lilly Lieser verkauft wurde, deren Vermögen nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland eingefroren wurde, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.

Das Auktionshaus konnte jedoch keine Anhaltspunkte für eine Entziehung aufgrund von Verfolgung finden. Trotzdem ging das Auktionshaus vom problematischsten Fall aus und behandelte das Porträt wie ein unrechtmäßig entzogenes Kulturgut.

Zwischen den aktuellen Besitzern und den Rechtsnachfolgern der Familie Lieser wurde eine Einigung erzielt. Der Erlös aus der Versteigerung soll geteilt werden. Dies entspricht den Washingtoner Prinzipien, die vorsehen, bei Entziehung aufgrund von Verfolgung „faire und gerechte Lösungen“ anzustreben.

Gustav Klimt malte das Porträt kurz vor seinem Tod. Im Januar 1918 erlitt er einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Er starb am 6. Februar 1918. Das Porträt des „Fräuleins Lieser“ hinterließ er zusammen mit vielen anderen Werken in seinem Atelier.

Es dürfte nach Klimts Tod an die Familie Lieser, die es in Auftrag gegeben hatte, gegangen sein.

Gustav Klimt «Bildnis Fräulein Lieser» Jahrhundertfund
Gustav Klimt Bild „Bildnis Fräulein Lieser“ mit Goldrahmen

Ist das Werk unvollendet?

Wer ein Porträt von Klimt in Auftrag geben wollte, brauchte nicht nur Geld, sondern auch Geduld. Es wird berichtet, dass die junge Frau auf dem Bild neunmal in Klimts Atelier Modell saß.

Klimt war bekannt für seine langsame und sorgfältige Arbeitsweise. Zahlreiche Skizzen sind bekannt, die zu dem in lockerem Pinselduktus gemalten Bild führten. Die porträtierte Frau steht in einer strengen, frontalen Position. Ihr grün-türkisfarbenes Kleid, das locker fällt, steht im Kontrast zu dem leuchtend orangeroten Hintergrund.

Das Gemälde ist besonders beeindruckend durch den aufmerksamen, direkten Blick der Frau. Der Hintergrund wirkt unfertig. Klimt hätte ihn wahrscheinlich mit Ornamenten verziert. Die fehlende Signatur deutet darauf hin, dass das Bild unvollendet blieb. Aber gerade das macht den Reiz dieses Werkes aus.

Die malerische Offenheit verstärkt die Ausdruckskraft der Komposition. Große Klimt-Werke wie dieses werden normalerweise in den großen Kunstzentren New York oder London gehandelt. So versteigerte Sotheby’s im letzten Jahr Klimts „Dame mit Fächer“.

Das 1917/18 entstandene Frauenporträt erzielte mit 85,3 Millionen Pfund den höchsten Preis, der jemals auf einer europäischen Auktion erzielt wurde. Noch teurer war ein Jahr zuvor Klimts Landschaftsbild „Birkenwald“ aus der Kunstsammlung des verstorbenen Microsoft-Mitbegründers Paul G. Allen.

Es brachte 2022 bei Christie’s in New York 104,6 Millionen Dollar ein. Die Schätzung des „Bildnisses Fräulein Lieser“ von bis zu 50 Millionen Euro könnte durch eine internationale, zahlungskräftige Nachfrage weit übertroffen werden. Die Ausfuhrerlaubnis liegt vor.

Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/jahrhundertfund-klimts-bildnis-fraeulein-lieser-koennte-50-millionen-euro-bringen-ld.1822796

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